Restauration XS 650 447 Bj 1976

[Pitt]

Eine geänderte Gabel erfordert ein anderes Schutzblech

Gabel 6.JPG

Links: TX 650 Schutzblech Rechts: XS 650 C Schutzblech

[Pitt]

Schutzblech vorne:
In der Annahme, dass ich das originale XS650 Schutzblech weiter verwenden kann, restaurierte ich es. Der Aufwand war immens.
Das Schutzblech hatte an der rechten Vorderkante bereits eine Schramme, die vermutlich von einem Sturz herrührte.
Da die alten XS 650 C Schutzbleche nicht mehr leicht zu bekommen sind, wollte ich versuchen, es zu retten.
Ich ließ es zunächst abchromen.
Anschließend ließ ich die beschädigte Kante mit einer dicken Schicht Silberlot auffüllen.
Silberlot (oder Messinglot) lässt sich wunderbar verarbeiten. Ich schliff und polierte das Material so weit herunter, bis die Kante nahtlos in den restlichen Rand überging.
Vor dem neu Verchromen wurden anschließend mehrere Schichten Kupfer aufgetragen. So kann man kleinste Unebenheiten z.B. kleinste Rostnarben ausgleichen. Das Blech wurde zwischendurch immer wieder poliert, bis eine vernünftige Oberfläche entstand. Nach dem Vernickeln folgte das eigentliche Verchromen.
Am Ende sahen das Schutzblech und die Streben wie neu aus. Von dem ehemaligen Schaden kann man nichts mehr erkennen.
(Also, alte Schutzbleche nicht gleich wegwerfen )

Da ich erst später bemerkte, dass ich das Schutzblech nicht verwenden konnte, musste ein TX 650 Schutzblech her.
Ich war froh, als ich nach einigen Wochen Suche eines fand. Der Zustand war erstaunlich gut.
Allerdings hatte auch dieses Blech eine Schramme, an genau derselben Stelle.
Es folgte also noch einmal die ganze Prozedur.
Ich habe die Kante dieses Mal WIG schweißen lassen. Das Schweißmaterial ist etwas härter, aber ebenfalls hervorragend geeignet, um Kanten aufzufüllen.
Auch hier war nach dem neu Verchromen nichts mehr von dem Kratzer zu sehen.
Noch ein Tipp:
Die Innenseite des Schutzblechs sollte unbedingt versiegelt werden. Galvanische Prozesse gelangen nicht in jede Ecke des Schutzblechs, sodass es sehr schnell von den Innenkanten her wieder zu rosten beginnen kann.
Ich habe mich für das harte Fett von Mike Sanders entschieden. Man erhitzt das Fett, bis es flüssig ist. Anschließend bestreicht man die gesamte Innenseite, besonders Kanten und Blechübergänge. Wenn das Fett abgekühlt ist, sieht das Schutzblech aus wie mit Wachs bestrichen. Mir hat das nicht gefallen. Ich habe das Blech deshalb nochmals mit einem Föhn erhitzt. Dabei wird das Hartfett wieder flüssig und läuft wasserartig in wirklich jede Fuge. Wenn man das Schutzblech richtig positioniert, läuft das überschüssige Fett aus dem Blech heraus (z.B. auf einen Lappen). Es bleibt eine hauchdünne (feste) und transparente Fettschicht, die man kaum sieht und die wirklich gut haftet. Einen besseren Rostschutz kenne ich nicht.

Schutzblech 1.JPG

XS650C(links) und TX650 (rechts) Schutzblech ähneln sich sehr.

Schutzblech 2.JPG

Das TX650 Schutzblech ist etwa 5cm kürzer.

Schutzblech 3.JPG

Guter Chrom ist extrem teuer

Schutzblech 4.JPG

Unterschiedlich angeordnete Haltepunkte: Links: TX650 Rechts: XS650C

Schutzblech 5.JPG

Gleiche Form, trotzdem verschieden. Unterschiedliche Streben

[oskarklaus]

Links ist auch XS 650B, BJ75

[Pitt]

Schutzblech 6.JPG

Verschiedene Position der Haltepunkte: Links TX650 Rechts XS650C

Schutzblech 7.JPG

Unterschiedlich lang: Die Streben der XS650 sind länger

Schutzblech 8.JPG

Die Haltepunkte liegen bei der TX650 höher.

Schutzblech 9.JPG

Bremssättel der XS650C hinter der Gabel

Schutzblech 10.JPG

Bremssättel der TX650 vor der Gabel

[Pitt]

Konservierung:

Schutzblech 11.JPG

Nicht vergessen: Innenseiten konservieren

Schutzblech 12.JPG

Bester Schutz gegen Rost

[Pitt]

Bremssättel:
Die Restauration der Bremssättel gestaltete sich recht einfach.
Nachdem ich sie komplett zerlegt hatte wurden sie entlackt und gründlich glasperlgetrahlt (auch innen)
Im Gegensatz zu Korund beschädigen Glasperlen das Grundmaterial nicht.
Anschließend wurden sie von innen und außen mit 2K Lack neu lackiert.
Ich setzte Edelstahl Bremskolben ein und verbaute neue Rep-Sätze (von Yamaha).
Die Aluaufkleber habe ich leider in der falschen Position aufgeklebt. Sie werden nochmal ersetzt.
Wie ich erst später bemerkte, waren die Kosten für (die originalen) Ersatzteile und neue Edelstahlbremskolben teurer als komplett neue Reprobremssättel, die es bei Rüdiger neu zu kaufen gibt.
Grüße aus Seefeld, Pitt

Bremse 1.JPG

Yamaha Bremssättel der 70iger Jahre

Bremse 2.JPG

Edelstahl Bremskolben

Bremse 5.JPG

Doppelte Verzögerung mit alten Sätteln

Bremse 3.JPG

Festsättel der 70iger Jahre ....

Bremse 7.JPG

... vs Schwingsättel der 80iger Jahre (hier an einer 35mm Gabel)

[Zissel]

Hallo Pitt,

hier die obligatorische Frage: Welchen Galvaniseur hast du beauftragt, wie lange hat es gedauert und darf man fragen, was ein Fender mit Streben dort gekostet hat?

Ansonsten: ganz großes Kino, bitte weiter berichten

Gruß Martin

[VA-Frank]

Pitt deine 76 er ist keine B sondern eine C, da paßt auch das exotische one year only Schutzblech, welches du meistens rechts zeigst. Bei der Restauration eines Bleche kann man sich noch soviel Mühe geben, der Gammel sitzt zwischen den Doppelblechen, da hilft keine Galvanik und auch kein Chrom. Hoffe, dass du für deine viele Arbeit auch belohnt wirst.
Schöne Grüße
Frank

[Pitt]

Screenshot (22).png

Nach der Typisierung hier im Forum ist es eine XS650 B....und keine C. Sie sieht exakt aus wie die hier abgebildete B.
Nein, man kann die Schutzbleche nicht tauschen. Ich habe das natürlich probiert.
Das eine passt nur an meine original XS Gabel....das andere nicht. Alles ist anders.

Ich muss leider auch beim Verchromen ein bissl wiedersprechen....beide Schutzbleche sind nahezu makellos...außen wie innen...es gibt nicht einmal den Ansatz von Gammel...Rost...o.ä. ...auch nicht an den aufgenieteten Verbindungsstellen....das hält noch 100 Jahre
LG

[Pitt]

Schutzblech innen 1.JPG

Schutzblech innen 2.JPG

Schutzblech innen 3.JPG

Schutzblech innen 4.JPG

[Pitt]

Der Preis einer solchen Verchromung ist ganz wesentlich abhängig vom Zustand des Schutzblechs....erst nach dem Abchromen kann man wirklich sehen, wie es darunter aussieht und wie viel Arbeit man in das Aufkupfern und Polieren investieren muss....das Verchromen ist nur ein Teil der sehr aufwändigen Arbeit...wenn die Anrostungen zu stark sind wird es schwierig....wenn die Substanz noch gut ist, muss man weniger vorbereiten.
Vermutlich gibt es auch große Unterschiede in der Qualität.
Wahrscheinlich ist das regional sehr unterschiedlich. Es war wirklich sehr teuer und jenseits jeder Rentabilität. Neu - wenn erhältlich - wäre vermutlich deutlich billiger gewesen.
Grüße aus Seefeld, Pitt

[Max]

..... ach ... wie entspannt kann das Leben mit `ner Ratte sein ........ die steht das halbe Jahr im Regen und schneit auch mal ein ..... und sieht nach all den Jahren nicht kaputter aus als beim Kauf

@ Pitt ... das ändert nichts an der Tatsache das ich vor deinem tun den Hut ziehe ..... gaaaanz großes Kino was du da machst !!!!

[MiKo]

Moin,

ich darf Frank da zur Seite springen ... will aber deinen Einsatz definitiv nicht schmälern, im Gegenteil, soviel Aufwand treiben die allerwenigsten.

Deine Tanks sind definitiv keine '75er, da der Deckel mit dem flach liegenden Schloß hinten angeschlagen ist.
Die Dekore der '75er und '76er EU-Modelle unterscheiden sich am Tank in dem oben aufgebrachten "Flügel" - den hatte nur die '75er US-Version, deren Dekor dann die '76er EU-Version erbte.

Auf dem Prospekt-Bild siehst du eine '75er EU-Version, von schräg unten vorne zu erkennen am Auspuff, der Instrumenten-"Brille", dem Doppel-Gaszug und der kleinen Doppel-Bremse mit Zangen hinter der Gabel.
Das runde Rücklicht und das kurze hintere Schutzblech hingegen hat es in D nicht gegeben. Und auch der hohe Lenker hat es nicht auf den deutschen Markt geschafft ...
Die '75er US-Version hänge ich hier mal an.
Da siehst du dann auch deine "neue" ('73-'75US-er) Gabel: große Scheibe, Schutzblech mit Durchführung für die Bremsleitung, und Vorbereitung für eine zweite Scheibe links - die es übrigens auch '74 in einer kleinen Serie gegeben hat, welche meines Wissens nach Italien geliefert wurde (zumindest habe ich hier vor gut 15 Jahren mal zwei nebeneinander gesehen).

Die Prospekte sind leider nicht immer genau für "uns" zutreffend, da diese vielfach für den internationalen Markt fotografiert/produziert und leichte landestypische (zulassungsrechtlich bedingte) Differenzen nicht abgebildet wurden. Auf den Seiten der NL-XSser findest du eine deutlich breitere Sammlung von Prospekten auch aus verschiedenen Ländern - https://www.xs650.nl/xs-modellen/folders.html.

Nebenbei: die Festsattelbremse der frühen Jahre ist durchaus nicht unbedingt schlechter als die spätere Schwimmsatteltechnik - da beide Kolben gleichmäßig drücken können, ist die Bremskraft nicht von dem "Verrottungszustand" des Gleitbolzens abhängig ...

[Pitt]

Hallo MiKo, danke für die Infos,
die Bilder aus dem NL-Forum sind wirklich beeindruckend.
Demnach hätte ich meine XS auch als XS650 C identifiziert,,,,aber daneben steht 1E1 und nicht 447. Das verstehe ich nicht.
Der Erstbesitzer erzählte mir, dass er das Motorrad von einem deutschen Großimporteur neu gekauft hat.
Es war aber eigentlich ein US-Modell.
Es und wurde wohl wegen Absatzproblemen günstig in Deutschland verhökert(ich glaube bei Hein Gericke oder Louis).
Es muss ziemlich lange gestanden haben, bevor es gekauft und erstmals zugelassen wurde. EZ. ist 1977
Es handelt sich um ein unrestauriertes Motorrad, an dem noch nicht herum gebastelt wurde.
(Einzige Ausnahme sind die Auspufftöpfe und vermutlich die Bremspumpe)
Der Tank ist original, hat aber schon den Tankdeckel mit dem Schloss nach oben. (Der andere Tank ist jünger.)
Der Tank hat goldene Flügel auch oben (Decal ist original).
Meilentacho, komplett schwarze Instrumente mit grünen Ziffernblättern.
Kurzes Schutzblech
Seitendeckel mit einem Streifen
Doppelscheibe mit kleinen Bremsscheiben

XS Anfang.JPG

So sah meine XS aus, als ich sie gekauft habe.

Keine Ahnung, im Brief steht nichts Genaueres außer, dass es eine 447 ist.....ich habe mich an den Typisierungen der Foren orientiert....und deren Farbgebungen.
Grüße aus Seefeld, Pitt

[Zissel]

Danke für die Infos, Pitt. Die Chromfrage kommt hier ja an verschiedensten Stellen immer wieder hoch und ist bei der Restauration ( ) eines Mopeds der 70er für jene, die nicht den x-ten Caferacer daraus basteln wollen, von ziemlicher Bedeutung.. Von daher ist es immer gut, wenn ein offener Erfahrungsaustausch zur Entmystifizierung dieses Themas beiträgt, daher meine Frage. Viele berichten von Desinteresse etlicher Galvanikbetriebe an Kleinaufträgen, Lieferzeiten nach Abgabe der Teile von einem 3/4 Jahr, verschwundenen Teilen, schlechter Qualität bis hin zur Unfreundlichkeit. Manche schicken ihre Teile nicht nur aus Preisgründen ins Ausland, womit sie völlig der Kontrolle abhanden gehen. Wenn deine Schutzbleche nach jeweils ein bis zwei Wochen fertig waren, würde ich das unter den Berichten hier im Forum als Rekord bezeichnen. Das und die Qualität der Arbeit dürfte wohl manche Frage aufwerfen, an wen man sich da wenden kann - und da würde ich mich keineswegs ausschließen

Und nochmal: Restaurationsberichte zur XS650 gibt es viel zu wenig, vielen Dank dafür.

Gruß Martin